Am Park(ing) Day werden Autoparkplätze kreativ umgestaltet, Foto: Carlo Müller-Hopp, fahrradmainz.de
12 Quadratmeter – das ist die durchschnittliche Fläche eines Autoparkplatzes. Fläche, die in unseren Städten durch das zunehmende Verkehrsaufkommen und den stetig wachsenden motorisierten Individualverkehr zur Mangelware wird. Auf diesen 12 Quadratmetern könnten Kinder spielen, Menschen Kaffee trinken, Bäume wachsen oder Platz für Fahrrad- oder Fußgängerwege entstehen.
Ein Stück Realität davon konnte man am autofreien Tag, der die vergangenen zwei Jahre am Mainkai in Würzburg stattfand, erleben. Ähnlich wie beim jährlichen, internationalen Park(ing) Day wurde die sonst von Autos besetzte Straße in einen Freiraum zur kreativen Nutzung zurückerobert – ob für Musik, Infostände oder zum Spielen. Der Wunsch nach einer Neuverteilung des öffentlichen Raumes hin zu einer klima- und gesundheitsfreundlichen und damit lebenswerten Stadt wächst. Immer mehr Städte arbeiten an einem Mobilitätskonzept, das vor allem emissionsstarke Privatautos überflüssig macht.
Jüngstes Beispiel ist die sachsen-anhaltische Großstadt Halle. Hier hat der Stadtrat Ende November für eine autoarme Innenstadt gestimmt. Das Konzept beinhaltet unter anderem den Wegfall von Pkw-Stellplätzen und eine durchgängige Fußgängerzone in der Innenstadt sowie die Erweiterung eines Radverkehrsrings um die historische Altstadt. Gleichzeitig wird die Anzahl alternativer Mobilitätsformen sowie Parkmöglichkeiten um den Altstadtring herum erhöht, um weiterhin gute Erreichbarkeit zu gewährleisten. Die Innenstadt wird nicht, wie von vielen befürchtet, ganz autofrei, sondern autoreduziert sein: Der Lieferverkehr wird in begrenzten Zeitabschnitten zugelassen sein, zudem wird es Sondergenehmigungen für mobilitätseingeschränkte Personen geben.
In Würzburg hat der Aktionkreis Fußgänger des Bündnisses Verkehrswende jetzt dem Stadtrat im Sommer dieses Jahres ein Konzept vorgestellt, das eine Umwandlung des sogenannten Bischofshuts, der mittelalterlichen Umgrenzung der Würzburger Altstadt, in Spielstraßen sowie Fußgänger- und Tempo-20-Zonen vorsieht. Mit dem Klimabürgermeister Martin Heilig und dem Baureferenten Benjamin Schneider konnten die Initiatoren sich bereits über das Konzept austauschen; eine Diskussion im Stadtrat wird folgen.
Mit gar radikalem Pragmatismus ging indes die norwegische Hauptstadt Oslo vor – und wurde so zur Umwelthauptstadt Europas 2019 gekürt. Bis Anfang des letzten Jahres wurden mehrere Hundert Parkplätze im Zentrum ersatzlos abgeschafft und Parkgebühren massiv erhöht, während der öffentliche Nahverkehr ausgebaut und neue Fahrradwege eröffnet wurden. Entgegen aller Kritik zieht die Stadt eine positive Bilanz: Nah- und Radverkehr seien gestiegen und das Zentrum zähle, entgegen der Angst vieler Geschäftsleute, sogar mehr Besucherinnen und Besucher als zuvor.
Nachhaltige Mobilitätskonzepte wie in Oslo erfordern die Kombination vielfältiger und umweltfreundlicher Verkehrsmittel. Dabei ist vor allem die breite Nutzung von Elektrofahrzeugen sowie von Fahrrädern – auch als Leihvariante wie beispielsweise beim Carsharing – entscheidend. Ebenfalls dazu gehören digitale, nutzerfreundliche Buchungssysteme, wie es die „Mobilitäts-App“ in Karlsruhe vormacht. Sucht man einem bestimmten Reiseweg, gibt die App eine kombinierte Route mit alternativen Verkehrsmitteln, wie etwa einem Leihfahrrad oder einem autonomen Shuttle, an. Solche Konzepte gilt es auch auf ländliche Regionen zu übertragen, womit man auf neue Herausforderungen stößt.
Fakt ist: Die Städte wachsen und dabei sind private Autos, die als „Stehzeuge“ wertvolle Fläche wegnehmen, keine Lösung. Der Zukunftsverkehr wird ein Mosaik aus alternativen Verkehrsmitteln sein. Dafür müssen neue Wege eingeschlagen werden – nicht nur mit dem (Leih-)Rad, sondern auch im Kopf.
Clara Schlittenhardt