Seit Oktober 2020 ist es amtlich: Auch in Nürnberg konnten genügend Unterschriften für ein Bürgerbegehren „Radentscheid“ gesammelt werden. Bei knapp 390.000 Wahlberechtigten in Nürnberg mussten 12.000 gültige Unterschriften zusammenkommen, um die notwendige Zustimmung von drei Prozent der Wahlberechtigten zu belegen. Dieses Ziel wurde mit 26.000 gültigen Unterschriften deutlich erreicht, und die Presse berichtete ausführlich über diesen Erfolg.
Nürnberger Ziele
Ähnlich wie die in anderen Städten drehen sich die Forderungen der Initiatoren um einen besseren und vor allem sicheren Radverkehr:
- Für durchgängige Wege: zeitnahe Lückenschlüsse im Radwegenetz
- Für mehr Platz: breite, hochwertige Radwege an Hauptverkehrsstraßen
- Für mehr Sicherheit: 15 km sichere Nebenstraßen pro Jahr
- Für Komfort und Sicherung: 1.000 Fahrradabstellplätze pro Jahr
- Für mehr Überblick: fahrradfreundliche Kreuzungen und Einmündungen
- Für mehr Service: gute Baustellengestaltung und saubere Radwege
- Für unsere Kinder: sichere Radwege zur Schule und zur Kindertagesstätte
- Für eine schnellere Umsetzung: mehr Personal in der Verkehrsplanung
- Für die Langstrecke: Radschnellwege für den Pendelverkehr
Diese allgemeinen Forderungen werden ergänzt durch ein auf Nürnberg zugeschnittenes Verkehrskonzept sowie die Verwirklichung eines für Radfahrende attraktiveren Altstadtrings bis zum Jahr 2026. Alles zusammen wurde in einen gut gemachten Animationsfilm gepackt:
Verkehrswende von unten
Seit dem ersten erfolgreichen Radentscheid in Berlin 2015 hat die Bewegung Nachahmer in mittlerweile mehr als 40 Städten gefunden. Nun ist auch Nürnberg als vierte fränkische Stadt erfolgreich gewesen – neben Bamberg (Ziele 2018 vom Stadtrat beschlossen), Bayreuth (Unterschriften werden seit Februar 2020 gesammelt) und Würzburg (Ziele 2019 vom Stadtrat beschlossen). Die Politik hat mittlerweile erkannt, dass sich mit Mobilitätsthemen Wahlen gewinnen lassen – oder verlieren.
Doch trotz des enormen Engagements in der Zivilgesellschaft hat sich auf den Straßen (noch) nicht viel geändert. In einigen Städten mit erfolgreichem Radentscheid wird zwar losgelegt; andere ignorieren aber weiterhin die Notwendigkeit, sichere Radinfrastrukturen zu schaffen. Auch fehlen bisweilen der Wille und die Durchsetzungskraft auf politischer Ebene, um die grundlegenden Dinge wie einen Radverkehrsplan zu bewältigen. Die Zahl der getöteten und schwerverletzten ungeschützten Verkehrsteilnehmenden ist nicht zurückgegangen. Sichere Fahrradinfrastruktur ist immer noch eine Rarität. Wir hoffen, dass sich dies bald ändern wird – nicht nur in Nürnberg.