Andere machen es vor, in Würzburg fehlt es an konkreten Umsetzungen. Gemeint ist der Ausbau der Radinfrastruktur. Zwar haben sich alle Parteien, bei der anstehenden Komunalwahl das Thema „Verkehr“ auf die Wahlplakate drucken lassen, aber tatsächlich umgesetzt wurde bislang so gut wie nichts.
Neidisch kann man in die Niederlande blicken: Einige „Radinfra-Trends“ deutlich durchgesetzt, wie z.B. Radschnellwege, Viadukte und ausreichend große Stellplätze an Bahnhöfen und Innenstädten. Mit „durchgesetzt“ meine ich übrigens: die sind in der Provinz angekommen (und nicht nur im hippen Fahrrad-Mekka Amsterdam). Hier eine kurze Übersicht:
Radschnellweg F59
Über Radschnellwege wird in Deutschland auch immer öfter diskutiert und nachgedacht. Die RS1 wird sogar schon gebaut und einige andere Regionen sind in der Konzeptphase. In den Niederlanden gibt es das Phänomen Radschnellweg (auf niederländisch entweder „snelfietsroute“ oder „fietssnelweg“) schon seit längerer Zeit. Radschnellwege sind deshalb so erfolgreich, weil dadurch tatsächlich mehr Menschen auf das Fahrrad steigen statt im Auto (Stau!) zu sitzen. Aber so richtig flächendeckend werden die Radschnellwege erst in den letzten Jahren eingesetzt. Ich vermute, dass das auch stark mit dem E-Bike zusammenhängt, weil E-Bikes den durchschnittlichen Pendelabstand vergrößern.
Seit 2016 gibt es beispielsweise den F59. Der F steht dabei für „Fietssnelweg“. Die Nummer 59 kommt daher, dass der Radschnellweg parallel zur Autobahn A59 läuft. Der F59 folgt hauptsächlich den Bahngleisen zwischen Den Bosch und Oss, und macht hier und da einen Abstecher auf einen vorher existierenden Radweg. Fast überall, wo der F59 eine Straße kreuzt hat der Radverkehr Vorrang. Nur an wenigen Stellen haben Autofahrer Vorfahrt oder gibt es eine Ampel. Zudem gibt es einige neue Brücken die Straßenüberquerungen überflüssig machen. So kann man z.B. von Rosmalen nach Den Bosch fahren (etwa 6,5km, vergleichbar mit Rottendorf – Würzburg) und muss nur 2 Mal halten. Das hat die Strecke um etwa ein Drittel schneller gemacht.
Fahrrad-Parkaus: Sichere Stellplätze
Wenn man zum Hauptbahnhof fahre, um einen Zug zu erreichen oder jemanden abzuholen, kann erwartet werden, dass es dort ausreichend Parkplätze gibt. Leider sieht die Parksituation am Würzburger Hauptbahnhof momentan ziemlich düster aus. Irgendwie gibt es nur wenige Plätze und überall stehen die Fahrzeuge herum. Zudem habe ich nicht das Gefühl, dass mein Fahrzeug hier sicher steht.
Die Rede ist nicht vom Auto – sondern natürlich vom Fahrrad! 😉
Wieder lohnt sich sich ein Blick über den Mainfränkischen Tellerrand. Mittlerweile gibt es viele tolle Beispiele von riesigen Fahrrad-Parkhäusern. So wurde in Utrecht zum Beispiel 2014 das allergrößte Fahrrad-Parkhaus der Welt eröffnet. Mark Wagenbuur von Bicycle Dutch hat das Parkhaus am Jahrbeursplein ausführlich gefilmt.
Aber auch in kleineren Städten, die mit Würzburg vergleichbar sind, standen/entstehen diese sicheren Abstellmöglichkeiten. Soweit muss man auch gar nicht fahren, um ein gelungenes Beispiel zu sehen. Am Bamberger Bahnhof unserer oberfränkischen Nachbarstadt können Räder videoüberwacht und trocken abgestellt werden. Davon können Würzburger nur träumen. Realistischerweise müssten ca. 1800 Radstellplätze am Würzburger Bahnhof geschaffen werden und ähnlich viele in der InnenstadtBeispielsweise könnte ein Teil der Marktgarage für Räder genutzt werden – ausgesattet mit Ladestationen für Ebike/Pedelecs und ausreichend großen Stellflächen für Lastenräder und Fahrräder mit Kinderanhängern.
Fahrrad-Viadukt über einen großen Kreisverkehr
Na, wer denkt da nicht in Würzburg an den Berliner Ring? In den Niederladen sind diese „Überfahrungen“ nicht einmalig sondern mittlerweile Standard.
Dieses Radweg-Viadukt führt RadfahrerInnen in drei Richtungen über einen (ziemlich komplexen) Kreisverkehr mit vier Ausgängen. Es gibt hier relativ viel Pendelverkehr (Autos und Fahrräder). Wegen einem Neubauviertel wurde die frühere Kreuzung neu gebaut. Die Brücke vereinfacht es Radfahrern vom Dorf in die Stadt zu fahren und umgekehrt. Mark Wagenbuur vom Bicycle Dutch Blog hat im letzten Jahr diesen Neubau ausführlich analysiert (auf Englisch). Seiner Meinung nach sind die 3,70 m eigentlich gerade zu schmal für die vielen Radpendler auf der Brücke. Er hätte lieber 4,0 m gehabt. In Deutschland würde man das eher als Luxusproblem bezeichnen. In Eindhoven sieht das so aus:
Oder auch so eine Lösung gibt es, seit 2017:
Ausbau der Radwege
Flächendeckend werden in unserem Nachbarland Straßen fahrradfreundlich ausgebaut oder Radwege ausreichend breit angelegt, wie dieses Beispiel in Rotterdam zeigt:
In beiden Fahrtrichtungen ist ausreichend Platz, auch für Lastenräder oder Fahrräder mit (Kinder-)Anhängern. Wobei sicheres überholen dennoch möglich ist.
Fazit
Wie die Beispiele zeigen, gibt es ausreichend bautechnische Lösungen – sofern der politische Wille vorhanden ist. Seit der Stadtratswahl 2014 ist dieser Wille nicht erkennbar gewesen und nur durch Bündnis Verkehrswende jetzt ist Bewegung in die Sache gekommen.